Einzelausgaben

 

Folgende Einzelausgaben sind bisher erschienen:

 

(Coverillustration: Stefan Atzenhofer)

 


(Rechts:
Frontispiz-Illustration zur
Sonderauflage von „Second Hand Nightmares“
)

:

SECOND HAND NIGHTMARES

Gießen 2009, Verlag Lindenstuth (100 S.)
Mit einem Nachwort von Robert N. Bloch.

Die Erstausgabe dieser Novelle erschien 1998 als Heft 4 im Verlag Medusenblut.
Die vom Verfasser gründlich überarbeitete und erweiterte Neuausgabe erschien 2009 in einer einmaligen, auf 111 Exemplar limitierten und signierten Auflage, handgebunden in schwarzes, geprägtes Leinen und mit einem farbigem Schutzumschlag versehen.
Eine römisch nummerierte Kleinstauflage in Sonderbindung und mit einer eingeklebten Frontispiz-Illustration des Verfassers gelangte nicht in den Handel.

 

Hardy Kettlitz in „Alien Contact“ zur Medusenblut-Ausgabe:

»Der Autor hat sich einem der wenigen Tabu-Themen genähert: der Ausrottung der Juden in deutschen Vernichtungslagern. Die (...) geschilderte und in ähnlichen Fällen historisch belegte Handlung ist so erschütternd, dass man Malte Sembtens Erzählung nicht als Horror-Story im herkömmlichen Sinne bezeichnen kann.«


Textauszug:

Seine Haltung versteifte sich. Ihm gegenüber, kaum drei Meter entfernt, kauerte im Schutz der Schatten zwischen dem Bücherschrank und einem mechanischen Klavier eine reglose Gestalt. Die Beine angezogen, die plumpen Arme über den Knien verschränkt, die Fäuste zwischen den Zähnen, glich sie auf beunruhigende Weise einem verkümmerten Zwilling des Alptraumkrämers.

Schon in der nächsten Sekunde jedoch löste sich das Trugbild auf, und Grodbeck erkannte in dem lauernden Gnom lediglich eine zusammengerollte Matratze, die achtlos zwischen den beiden Möbeln lehnte. Mit einem wissenden Grinsen zog der Alptraumkrämer sie aus ihrem Winkel und rollte sie mit den Worten »Lassen Sie sich von der schäbigen Hülle nicht über das exquisite Innenleben täuschen!« auf dem Boden aus. Das Beiwort ›schäbig‹ war noch geschmeichelt. Die Schlafunterlage war zerschlissen und bedeckt von zahllosen unappetitlichen Flecken, über deren Ursprung Grodbeck lieber nichts erfahren wollte. Trotzdem übte die Matratze eine geheimnisvolle Anziehung auf ihn aus. Er trat näher, hob einen Zipfel der dünnen Matte auf und strich mit den Fingern prüfend über ihren Stoff.

Der Alptraumkrämer blähte die Nüstern: »Ah … riechen auch Sie es … den Nachtschweiß … den Angstschweiß …« Er trat dicht an Grodbeck heran; dieser spürte den schalen Atem des Sprechers über seine feuchten Augäpfel mit der gletscherblauen Iris streichen. »Dein goldenes Haar Margarethe, dein aschenes Haar Shulamit … Sie wurden alle geschoren, die Toten und die Todgeweihten – Man verbrannte ihr Fleisch und ihre Knochen, doch nicht ihr Haar. Die Haare, ihre schweren Haare, sie waren wertvoller als ihre Besitzer. Man verkaufte sie zu Kilopreisen. Zur Herstellung von Keilriemen, Filzwaren, Matratzenfüllungen …«

Grodbeck befühlte das Objekt fasziniert.

»Rote Haare, brünette Haare, schwarze Haare, goldene Haare, Silberhaare«, wisperte der Alptraumkrämer, »Totenhaare. Engelshaare. – Wussten Sie, dass es Kulturen gibt, die das Haar als einen Sitz der Seele betrachten?«

Seinen Worten folgte eine lange Pause.

»Die einzige erhaltene Nachtmahrtratze«, lockte der Krämer. »Wer vermöchte sich die Alpträume auszumalen, die sie gewährt?«